Herr Renz, das Treibhauspotenzial (GWP) der Kältemittel hält die Kälte- und Klimatechnikbranche weltweit seit Jahren in Atem. Wird das Thema in den kommenden Jahren an Bedeutung verlieren?
Die Europäische Union hat mit der F-Gase-Verordnung den Fahrplan für die Entwicklung in Europa vorgegeben. Die zweite, verschärfte Fassung kam 2015 zur Anwendung und wird uns bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus begleiten. Dann müssen Industrie und Handwerk den Verbrauch der eingesetzten F-Gase um 79 Prozent, ausgedrückt in CO2-Äquivalenten, gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2012 reduziert haben. Unter Berücksichtigung der mit Kältemittel vorgefüllten Systeme, die aus Ländern außerhalb der EU importiert werden, liegt die tatsächlich erforderliche Reduzierung sogar bei etwa 81%. Die kommenden Jahre steht das Thema Treibhauspotenzial von Kältemitteln deshalb weiterhin ganz oben auf der Agenda.
Zusätzliche Herausforderungen sind jedoch, dass viele der Niedrig-GWP-Kältemittel brennbar sind und damit Sicherheitsanforderungen und Systemtechnologien entsprechend angepasst werden müssen. Darüber hinaus ist eine Neuausrichtung in der Aus- und Weiterbildung erforderlich. In jeder Hinsicht gibt es noch Handlungsbedarf, denn diese Aufgaben bedingen einen hohen Zeitaufwand und binden sehr viele Kapazitäten. Erschwerend kommt hinzu, dass EU-Ökodesign-Verordnungen sowie vergleichbare nationale und internationale Programme für verschiedene Produktbereiche sehr ambitionierte Effizienzanforderungen vorgeben. Vielfach sind dafür Neuentwicklungen unumgänglich, die auf Grund der gleichzeitig notwendigen Kältemittelumstellung einen erheblichen Zusatzaufwand mit sich bringen.
Wie sollten Kälte- und Klimafachfirmen sowie Anlagenbetreiber Ihrer Meinung nach reagieren?
In jedem Fall heißt es Ruhe bewahren und sich frühzeitig mit alternativen Kältemitteln und Systemtechnologien beschäftigen. Damit haben viele unserer Kunden und auch Betreiber schon vor Jahren begonnen. Für längerfristige Lösungen können z. B. HFO-Kältemittel oder HFO/HFKW-Gemische eingesetzt werden. Besonders nachhaltig und zukunftssicher sind jedoch natürliche Kältemittel wie CO2, Ammoniak und Kohlenwasserstoffe − für bestimmte Anwendungen auch Wasser oder Luft.
BITZER unterstützt Kunden zudem beim Einsatz von Niedrig-GWP-Kältemitteln und bei optimierten Systemlösungen u. a. im Zuge des Servicepakets B-READY. Experten analysieren dabei die Anlagen der Kunden und beraten sie umfassend. R404A und R507A lassen sich beispielsweise oftmals auch in Bestandsanlagen mit überschaubarem Aufwand durch R448A oder R449A ersetzen, teilweise sogar durch R513A. Nachdem diese Alternativen im Vergleich nur ein Drittel und weniger des GWP von R404A und R507A aufweisen und nicht brennbar sind, können sie als geeignete Übergangskältemittel eingestuft werden. So gewinnen unsere Kunden mit vergleichsweise geringem Aufwand wertvolle Zeit.
Also müssen Anlagenbetreiber nur R404A/R507A durch R448A oder R449A ersetzen?
Betreiber dürfen auf jeden Fall nur zertifizierte Kältefachfirmen mit der Umstellung beauftragen, die dann auch die Wahl des geeigneten Alternativkältemittels vornehmen. Zudem können BITZER Experten hinzugezogen werden, damit die spezifischen Anforderungen aus Sicht des Verdichterherstellers ebenfalls Berücksichtigung finden. Zu diesem Zweck führen wir des Weiteren spezielle Trainings in der SCHAUFLER Academy durch und stellen umfangreiche technische Dokumentationen und Software mit entsprechenden Informationen und Leitlinien zur Verfügung.
Eine Möglichkeit zur kurzfristigen Umstellung ist die zuvor schon erwähnte Verwendung von R448A oder R449A an Stelle von R404A/R507A, die sich vornehmlich bei gewerblichen Kälteanlagen anbietet. Das gilt in gleicher Weise für Anlagen mit R134a, die sich relativ einfach auf R450A oder R513A umrüsten lassen. Für andere Anwendungen ist oftmals eine umfangreichere Analyse erforderlich, um die für den spezifischen Anwendungsfall geeignete Kältemittelauswahl zu treffen und über eventuell erforderliche Änderungsmaßnahmen im System zu befinden.
Wie ist BITZER auf die längerfristigen Anforderungen der F-Gase-Verordnung vorbereitet?
Seit mehr als 20 Jahren entwickeln und fertigen wir beispielsweise Verdichter für CO2-Anwendungen. CO2 ist mit einem GWP von 1 praktisch klimaneutral. Von dieser langjährigen Erfahrung profitieren wir und können unseren Kunden ein großes Produktsortiment und technische Beratung anbieten. Dazu führen wir spezielle CO2-Trainings in Theorie und Praxis in der SCHAUFLER Academy durch. Unsere CO2-Verdichter und -Systemlösungen (u. a. Expander-Technologie) sind nachhaltig und zukunftssicher. Außerdem bieten wir umweltfreundliche Produkte für Propan-, Propylen- und Ammoniak-Anwendungen sowie für HFO-Kältemittel und HFO/HFKW-Gemische an. Ob Hubkolben-, Schrauben- oder Scrollverdichter, Verflüssigungssätze, Druckbehälter oder Wärmeübertrager – BITZER hat für jede Anwendung bereits heute eine hocheffiziente, umweltfreundliche und zukunftssichere Lösung.