Mit der Eröffnung des SCHAUWERK Sindelfingen am 11. Juni 2010 erfüllten sich Senator h. c. Peter Schaufler und seine Frau Christiane Schaufler-Münch einen lang gehegten Traum: Als leidenschaftliche Mäzene haben sie über mehrere Jahrzehnte eine der eindrucksvollsten privaten Kunstsammlungen in Süddeutschland aufgebaut. Werke der ZERO-Bewegung bildeten den Grundstein für ihre Sammlung, die heute mehr als 3.500 zeitgenössische Werke umfasst – und sie wächst weiter. Die Entstehungszeit der Exponate reicht von den 1950er Jahren bis ins Jahr 2020.
Das SCHAUWERK Sindelfingen und die Sammlung Schaufler sind eng mit dem Kälte- und Klimatechnikspezialisten BITZER verbunden. Auf Initiative Peter Schauflers inspirieren Exponate der Sammlung heute noch die Mitarbeiter des Unternehmens in ihren Standorten rund um den Globus. Mit seiner Begeisterung für die Kunst verfolgte Peter Schaufler auch eine soziale Absicht. Die Kraft, die er aus der Beschäftigung mit der Kunst gewann, wollte er den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit zugänglich machen: „Die Kunst, mit der ich lebe, gibt mir Ruhe und geistige Konzentration. Von vielen Werken geht eine absolut positive Energie aus.“
Um die Zukunft des SCHAUWERK Sindelfingen ebenso wie von BITZER sicherzustellen, hat Peter Schaufler 2005 THE SCHAUFLER FOUNDATION gegründet. Die Stiftung ist Trägerin des Museums und bewahrt und pflegt die Sammlung Schaufler. THE SCHAUFLER FOUNDATION sorgt zudem dafür, dass BITZER als Unternehmen auch künftig unabhängig und selbstständig bleibt. Auf diese Weise bringt sie Unternehmertum und Kunst zusammen. Mit Förderung von Wissenschaft und Forschung integriert die Stiftung das dritte große Ziel von Peter Schaufler. Neben der Vergabe diverser Stipendien richtet sie in der Regel alle zwei Jahre gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden und der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft die Art of Compression aus. Das Kolloquium bietet Fachleuten der Kälte- und Klima-Branche eine ideale Plattform zur Information und zum Austausch über die gegenwärtig bestimmenden Fragen ihres Fachgebiets.
SCHAUWERK Sindelfingen – Kunst für die Öffentlichkeit
Das Ehepaar Schaufler wollte nie eine Sammlung zum reinen Privatvergnügen aufbauen. Als Investition mit Wertsteigerung sahen sie den Erwerb von Kunstwerken nie. „Ich habe eigentlich nur Dinge gesammelt, die mir gefallen haben, ungeachtet des Namens, der Herkunft und des Preises“, betonte Peter Schaufler. Angesprochen auf eine potenzielle Wertsteigerung seiner Sammlung antwortete er: „Da ich nicht weiterverkaufe, ist mir das eigentlich egal. Wenn ich etwas erworben habe, hake ich den Preis für mich ab.“
Kunst war immer etwas Persönliches, Emotionales für die Schauflers. Deshalb sollten die Kunstwerke öffentlich zugänglich sein. Mit der Gründung des SCHAUWERK Sindelfingen haben beide diesen Wunsch wahrgemacht. Seit nunmehr zehn Jahren stellt das Museum ihre einzigartige Sammlung öffentlich aus – in wechselnden Ausstellungen und thematisch geordnet.
„Ein eigenes Museum zu errichten ist nicht ein spontaner Gedanke, der einfach so kommt, sondern er unterliegt einem gründlichen Reifeprozess“, sagte Peter Schaufler anlässlich der Eröffnung des SCHAUWERK Sindelfingen am 11. Juni 2010. „Ausschlaggebend waren unsere Sehnsucht, möglichst viele der Werke wiederzusehen und spannende Dialoge zwischen ihnen auszuprobieren, und der Wunsch, sie mit einer interessierten Öffentlichkeit zu teilen.“
Dass das Museum nicht den Namen der Mäzene trägt, passt zu ihrer Grundhaltung als zurückhaltende und bescheidene Menschen. Im SCHAUWERK Sindelfingen steht die Kunst im Mittelpunkt und nichts Anderes. „Versucht man Peter Schaufler zu charakterisieren, so war er eher ein Mensch der leisen Töne, nachdenklich und feinsinnig, der von seinen Erfolgen nicht viel Aufhebens machte“, erinnert sich die Direktorin des SCHAUWERK Sindelfingen, Barbara Bergmann. Peter Schaufler hatte die Kunsthistorikerin zwei Jahre vor der Eröffnung eingestellt, um sein Herzensprojekt wahrzumachen.
Die Anfänge: Das SCHAUWERK Sindelfingen nimmt Gestalt an
Errichtet wurde das Museum 2008 bis 2009 an der Stelle, wo zuvor das Unternehmen BITZER Kältemittelverdichter produzierte. Das Museumsgebäude besteht aus drei Elementen: aus Teilen der ehemaligen Fertigungshalle, dem Neubau und dem früheren Hochregallager. Die fünf Halbetagen des neu gebauten Teils eröffnen an mehreren Stellen Blickachsen auf andere Stockwerke und die dort ausgestellten Kunstwerke.
Das mehr als 15 Meter hohe ehemalige Hochregallager imponiert durch seine Größe und hat einen umlaufenden Aufgang. Die puristische Anmutung des Museumsinneren bereitet den Bildern, Skulpturen und Fotografien eine perfekte Bühne, um auf die Besucher zu wirken.
Kunst in der ehemaligen BITZER Produktionshalle
Das Museumsgebäude ist bei genauem Hinsehen als ehemalige Industriehalle erkennbar. Dadurch verweist es auf die enge Verbindung zwischen dem SCHAUWERK Sindelfingen und dem Unternehmen BITZER. Das Team des Architekturbüros BFK aus Stuttgart konnte das markante Stahlskelett inklusive Dachkonstruktion mit den charakteristischen Sheddächern der früheren Produktionshalle erhalten. Diese haben die Architekten harmonisch in das Museumsgebäude integriert und so eine einzigartige Lichtstimmung im Inneren geschaffen.
Die Verbindung von Kunst und Unternehmertum hatte sich Peter Schaufler gewünscht: „Das SCHAUWERK Sindelfingen ist nicht nur ein Ort für die Kunst, sondern es ist auch eng mit der Geschichte des Unternehmens BITZER verknüpft. Daher freut es mich besonders, dass aus ehemaligen Produktionsräumen ein Museum für unsere Sammlung wurde.“
Sammler und Unternehmer seit 1979
Peter Schaufler hatte den Kälte- und Klimatechnikspezialisten BITZER 1979 von seinem Vater übernommen und in 36 Jahren als CEO und Inhaber mit einer konsequenten Internationalisierungsstrategie zu einem der Global Player der Branche weiterentwickelt.
Das Jahr 1979 markierte zugleich den Beginn der Sammeltätigkeit des Ehepaars Schaufler. Die ganz in weiß gehaltene Arbeit „Schnurcollage“ des Nürtinger Künstlers Fritz Ruoff faszinierte beide durch ihre Ruhe und Klarheit. Der Kauf des Werks legte den Grundstein für die Sammlung Schaufler.
SCHAUWERK Sindelfingen: 25 Ausstellungen
In den vergangenen zehn Jahren präsentierte das Museum unter Leitung von Barbara Bergmann 25 vielbeachtete Ausstellungen. Grundlage fast jeder Schau waren die Exponate der Sammlung Schaufler. Leihgaben aus anderen Museen komplettierten jeweils die Ausstellungen und begeisterten Fachleute, Künstler und Publikum gleichermaßen. Jedes Jahr locken die Ausstellungen rund 14.000 Besucher ins SCHAUWERK Sindelfingen, das über 6.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche verfügt.
Gemeinsam mit ihren mittlerweile neun Mitarbeiter/-innen konzipiert Barbara Bergmann die Ausstellungen. Die studierte Kunsthistorikerin und ihr Team können auf einige beachtliche Erfolge zurückblicken: 2017 wurde das SCHAUWERK Sindelfingen mit dem Lotto-Museumspreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Jan Merk, Präsident des Museumsverbands Baden-Württemberg und Jurymitglied, betonte in seiner Laudatio: „Den Machern im SCHAUWERK [Sindelfingen] gelingt immer wieder aufs Neue eine lebendige Auseinandersetzung mit den Werken aus dem Sammlungsbestand.“ Die Jury lobte zudem das integrative Konzept der Kunstvermittlung, das spezielle Führungen für Kinder, Schüler, Senioren und für Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen umfasst.
Feste Größe in der Kunstszene
Das SCHAUWERK Sindelfingen hat sich seit 2010 einen hervorragenden Ruf und ein verlässliches Netzwerk innerhalb der Kunstszene erarbeitet. Dadurch kann das Museumsteam in die auf der Sammlung Schaufler aufgebauten Ausstellungen auch Leihgaben aus anderen Häusern und aus privatem Besitz integrieren. „Auf diese Weise runden wir unsere Ausstellungen ab und bieten unseren Besuchern einen Einblick in die vielen Themen zeitgenössischer Kunst“, sagt Barbara Bergmann.
„Wie hochwertig die Sammlung Schaufler zusammengestellt ist, zeigt sich unter anderem an dem umfangreichen Bestand an Skulpturen des britischen Künstlers Antony Gormley. Seit 2014 ist dessen Werk Bestandteil des Kunstabiturs in Baden-Württemberg. Das haben wir natürlich sofort zum Anlass genommen, spezielle Führungen und Workshops für Schulklassen zu entwickeln.“
Retrospektive auf zehn Jahre SCHAUWERK Sindelfingen
Im Grußwort zum Ausstellungskatalog PINC KOMMT! erinnert sich Christiane Schaufler-Münch: „Zur Eröffnung des SCHAUWERK [Sindelfingen] (…) sagte mein Mann in einem Interview: ‚Rot ist eine ganz wichtige Farbe – da passiert etwas.‘ Und das passte auch zu seinem Lebensmotto.“
In der Sonderausstellung LOVE STORIES (5. September 2020 bis 24. April 2022) lässt das SCHAUWERK Sindelfingen das vergangene Jahrzehnt nun Revue passieren. Natürlich spielt die Farbe Rot bei LOVE STORIES eine besondere Rolle. In dieser Schau zeigt das Museum 30 Exponate aus zehn zurückliegenden Ausstellungen. Die Werke von 23 Künstlerinnen und Künstlern sind hier in einem neuen Kontext zu finden. Darin enthalten sind unter anderem Werke von Helen Frankenthaler, Jonathan Meese, Not Vital, Sue Williams, Sylvie Fleury und natürlich von Lucio Fontana.
Die Leidenschaft für die Kunst hat einen Ursprung: Lucio Fontana
Peter Schaufler war zeitlebens fasziniert vom Werk Lucio Fontanas (1899 bis 1968). Mit seinen berühmten Loch- und Schnittbildern inspirierte der italienische Avantgardekünstler das Ehepaar Schaufler nachhaltig zu seiner Sammelleidenschaft.
Bei der Einweihung des SCHAUWERK Sindelfingen betonte Peter Schaufler: „Der größte Auslöser für meine Leidenschaft war wohl Lucio Fontana. Die Entschlossenheit, alles in der radikalen Geste des Schnitts zu konzentrieren, hat mich tief beeindruckt. Diese Arbeiten sind unglaublich sinnlich, manchmal fast erotisch und zugleich von einer Reduktion, die als Komposition absolut perfekt ist. Ein Schnitt und das ist es.“
Not Vital – Schlüsselwerke der Sammlung Schaufler
Peter Schaufler und Christiane Schaufler-Münch haben aus ihren Lieblingsexponaten immer Ruhe und Kraft für ihre Aufgaben geschöpft. Wie sehr sie sich für die Kunst insgesamt begeisterten, zeigt das gemeinsame Grußwort zum Ausstellungskatalog von Not Vital aus dem Jahr 2012.
„Not Vital ist tief verwurzelt in seiner Heimat Sent, wo er Unglaubliches geleistet hat für die Kultur der Region. Sein Park ‚Not Dal Mot‘ ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk, in dem er zusammen mit seinem Bruder Bauten und Skulpturen in die Landschaft integriert hat. Dies zu sehen und im Rahmen von Festen in ganz besonderer Atmosphäre mitzuerleben, war immer eine außerordentliche Freude für uns. Doch nicht nur in Sent haben wir uns getroffen. Durch sein nomadisches Leben und unsere eigene Reiselust haben sich unsere Wege oftmals irgendwo auf der Welt gekreuzt, meistens fern von Europa. Die Arbeiten von Not Vital faszinieren uns, seit wir sie das erste Mal gesehen haben. Das Fremde, manchmal Fantastische seiner Werke fesselt uns sehr, gerade weil es mehrdeutig und offenbleibt. Es erschließt sich weniger dem Verstand, vielmehr beim Besuch von Lebens- und Arbeitsorten von Not Vital, wenn man mit ihm redet, isst und trinkt − sein Leben ein Stück weit teilt.“